Mit komplexer Behinderung inklusiv Wohnen - Gäste: Christiane Strohecker, Maximiliane Mommer

Shownotes

Das Haus von inklusiv wohnen Köln ist aus mehreren Perspektiven spannend. Darin gibt es nicht nur inklusive WGs, sondern auch Einzelappartments für Menschen mit und ohne Behinderung. Vor allem aber bietet es auch Menschen mit komplexem Unterstützungsbedarf ein zu Hause. Wie werden Mitbewohner:innen mit komplexer Mehrfachbehinderung in den WG-Alltag einbezogen? Wie entsteht Gemeinschaft, wenn sich jemand zum Beispiel nicht verbal äußern kann? Und warum ist der Verein vom allgegenwärtigen Fachkräftemangel kaum betroffen?
Davon erzählen Maximiliane, Pädagogin bei inklusiv wohnen köln e.V. und Christiane, die Geschäftsführerin.

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Mit komplexer Behinderung inklusiv Wohnen - Gäste: Christiane Strohecker, Maximiliane Mommer

[Kati]

Willkommen im Miteinander, der Podcast zu inklusiven Wohnen. Hallo, ich bin Cathy und du hörst den Wohnsinn-Podcast. Das Haus von Inklusiv Wohnen Köln e.V. ist aus mehreren Perspektiven spannend. Darin gibt es nicht nur inklusive WGs, sondern zum Beispiel auch Einzelapartments für Menschen mit und ohne Behinderung. Vor allem aber bietet es auch Menschen mit komplexem Unterstützungsbedarf ein Zuhause. Wie werden schwerstmehrfachbehinderte MitbewohnerInnen in den WG-Alltag einbezogen?

Wie entsteht Gemeinschaft, wenn sich jemand zum Beispiel nicht verbal äußern kann? Und was macht inklusives Wohnen auch für Fachkräfte besonders reizvoll? Davon erzählen Maximiliane Mommer, Pädagogin bei Inklusiv Wohnen Köln e.V. und Christiane Strohecker, die Geschäftsführerin. Viel Spaß beim Hören der Folge. Hallo Christiane, hallo Maxi, schön, dass ihr da seid. Maxi, willst du dich vielleicht kurz selber vorstellen?

[Maxi]

Ja, super gerne. Ich heiße Maxi, Maximiliane Mommer eigentlich. Ich arbeite schon seit 2018 bei Inklusiv Wohnen.

Habe da gestartet als Heilerziehungspflegerin in einer der inklusiven Wohngemeinschaften. Habe dann dort einige, ich glaube so anderthalb Jahre Vollzeit gearbeitet. Und habe mich dann entschieden, nochmal einen Studium on top zu setzen.

Habe dann meine Stunden reduziert bei Inklusiv Wohnen. Habe nebenher aber immer noch in der WG gearbeitet. Und als ich fertig war mit meinem Studium, welches Sozialpädagogik mit dem Schwerpunkt Management war, habe ich dann die Städte gewechselt und bin ins Büro gewechselt.

Dort mache ich jetzt das BW Management und habe da die verschiedensten Aufgaben, auf die wir ja glaube ich später nochmal eingehen.

[Kati]

Genau, da kommen wir später gleich noch dazu. Ja, Christiane, dich stelle ich mal kurz vor. Wir sind nämlich beide Kolleginnen bei Wohnsinn.

Da bist du die Bundeskoordinatorin. Das heißt, du leitest seit 2022 das ganze Team. Und du bist auch Mitgründerin im Verein.

Aber das ist nicht alles, was du machst. Du bist nämlich auch noch Mitinitiatorin und Geschäftsführerin vom Verein Inklusiv Wohnen Köln. Und der Verein hat ein inklusives Haus gegründet.

Das wollen wir uns in dieser Folge mal ganz umfassend anschauen. Wie kam es denn zur Gründung von dem inklusiven Haus?

[Christiane]

Ja, Kati, schön, dass wir uns treffen hier in dieser Runde. Und ich freue mich, dass wir hier über Inklusiv Wohnen sprechen. Und ja, das inklusive Haus ist eine klassische Elterninitiative.

Also wir haben uns 2013 zusammengesetzt mit vier Familien und haben überlegt, wie unsere Kinder in der Gesellschaft leben könnten, mittendrin, bei uns um die Ecke. Ja, und dann haben wir den Verein gegründet und uns auf die Suche begeben, wie denn so inklusives Wohnen sein könnte. Gibt es vielleicht Vorbilder, an denen wir uns orientieren können?

Von Anfang an war wichtig, dass Studierende mit dabei sind. Und wir haben uns natürlich auch auf die Suche nach einem Grundstück gemacht und nach jemandem, der gegebenenfalls so ein Haus baut.

[Kati]

Und habt ihr von Anfang an gewusst, dass es inklusives Wohnen gibt? Oder wie seid ihr da überhaupt draufgekommen, dass behinderte Menschen mit Studierenden zusammenleben können? Dass es cool ist?

[Christiane]

Ja, also meine Tochter und auch die Kinder von anderen Eltern, die in dieser Gruppe dabei waren, die haben den familienentlastenden Dienst der Lebenshilfe genutzt. Da kommen junge Studierende und unterstützen im Haushalt. Also solange unsere Kinder jung waren, hatten wir immer Studierende zu Hause bei uns.

Und es war von vornherein klar, dass wir was machen wollen, wo auch Studenten dabei sind, weil wir das einfach ein ganz tolles Miteinander finden. Also so ein junger Mensch kommt, ist in der Assistenz, lernt die Kinder, sage ich jetzt immer, heute sind sie natürlich erwachsen, lernt die kennen. Und wenn die dann vielleicht nach drei, vier Jahren so ein bisschen die Luft raus ist, dann kommt der nächste Student.

Und das haben wir alle ganz viele Jahre festgestellt, wie gut das miteinander klappt. Und das wollten wir in die Erwachsenenwelt unserer Kinder mitnehmen. Und wir haben uns dann tatsächlich im Internet auf die Suche gemacht, ob sowas schon gibt.

Einfach mal eingegeben, Studierende und Menschen mit Behinderung. Und sind auf den Verein Gemeinsam Leben Lernen in München gekommen, wo ja schon seit ganz vielen Jahren solche WGs gibt. Und haben uns mit denen vernetzt und ausgetauscht.

Und mal gehört, wie das bei denen klappt.

[Kati]

Jetzt haben wir schon, ich glaube, fast jede Folge angesprochen, dass Gemeinsam Leben Lernen so ziemlich Dreh- und Angelpunkt ist in der inklusiven Wohnwelt. Weil ungefähr jedes Projekt bezieht sich in irgendeiner Form darauf. Seid ihr dann erstmal, habt ihr euch dann selber auf den Weg gemacht und das auf eigene Faust gegründet?

Oder habt ihr von Anfang an zum Beispiel den Rudi Sarg von GLL miteinbezogen? Oder habt ihr erstmal selber angefangen und dann unterwegs gemerkt, okay, wir brauchen jetzt doch irgendwie Expertinnenwissen, Unterstützung in irgendeinem Bereich?

[Christiane]

Also da wir uns sehr sicher waren, dass wir das realisieren wollen, haben wir uns sehr vielschichtig eigentlich direkt diesem Thema angenommen. Wir haben zum einen GLL in München besucht, dort auch einem Workshop teilgenommen. Wir haben uns aber auch sehr intensiv vernetzt in Köln wo ja unser Projekt beheimatet ist.

Haben uns mit der Politik ausgetauscht, mit dem Liegenschaftsamt. Einfach versucht überall auffällig zu sein mit unserer Idee. Wir haben Flyer erstellt.

Wir haben mit einer Grafikerin ein Logo gemacht. Wir haben eine Webseite gemacht. Wir waren mit unserer Idee sehr präsent, etwa anderthalb Jahre und haben parallel zu der Idee, wie denn das überhaupt miteinander klappen kann, intensiv daran gearbeitet, einen Investor zu finden und ein Grundstück, um das überhaupt realisieren zu können.

Also in Köln ist ja Wohnraummangel sehr knapp und das war unsere erste wichtige Erkenntnis. Ohne Grundstück und ohne Haus kann es kein inklusives Wohnprojekt geben.

[Kati]

Ja. Und du hast ja schon gesagt, das ist ein ganzes Haus. Also wir sprechen ja in der Folge jetzt nicht über eine inklusive WG innerhalb eines Wohnhauses, sondern es ist tatsächlich ein ganzes inklusives Haus.

Könnt ihr uns da mal durchführen? Wie ist das aufgebaut? Wie kann man sich das vorstellen?

[Christiane]

Genau, da kann ich sehr gut was zu sagen, weil ich auch auf fast allen Etagen schon mal gearbeitet habe. Und zwar besteht unser Haus aus vier Etagen. Es ist ein sehr buntes Haus.

Wir haben im Erdgeschoss einige Apartments, wo zum einen Teil Menschen mit Beeinträchtigungen leben, die von uns in Bevo betreut werden, also in Betreuung wohnen. Die sollen es aber völlig selbstständig in ihrer Wohnung nehmen. Wir haben dort auch noch mal ein Apartment, wo Studierende wohnen, die halt nicht an die WG direkt angegliedert sind, sondern nur mit einem Vertrag bei uns arbeiten.

Und dann haben wir noch ein Apartment, was aktuell von zum Beispiel so einem BFD-Lager genutzt wird, was wir davor auch schon mal öfters an FSJ-Plauber oder BFD-Laufer gegeben haben, was aber theoretisch auch weiterhin Studierende nutzen könnten. Und dann haben wir auf der ersten Etage die Erst-Inklusive-Wohngemeinschaft. Die ist auch tatsächlich so wesentlich, dass sie die ganze Etage einnimmt.

Und dort leben fünf Menschen mit Beeinträchtigungen mit vier Studierenden zusammen und werden von Fachkräften im Alltag rund um die Uhr begleitet. Dann haben wir darüber die Etage, in der zweiten Etage noch mal so eine WG. Die ist genau gleich aufgebaut, also auch vier Menschen mit Beeinträchtigungen, fünf Studierende räumlich und scheinen sich ein ganz bisschen, aber sonst nicht viel.

Und in der dritten Etage haben wir dann noch Wohnungen, wo zum Beispiel eine Familie wohnt. Dann haben wir da einen älteren Herr. Wir haben dort noch mal eine weitere Wohngemeinschaft gegründet, wo zwei junge Herren mit Beeinträchtigungen zusammenwohnen und auch im Büro getreut werden und eine Dame mit einer Körperbehinderung, die wir mit Assistenzleistungen begleiten.

Also sehr bunt.

[Kati]

Ganz schön viele Leute. Wenn ich jetzt mal grob mitgerechnet habe, also über 30 sind das schon, oder? Ja, das kommt auf jeden Fall hin.

Eine bunte Mischung. Wie haben sich die Leute denn gefunden? Also klar, von der Elterninitiative sind ja manche Bewohnerinnen von Anfang an festgestanden und die anderen habt ihr da ganz klassisch über Ausschreibungen auf dem Mietmarkt oder wie kann man sich das vorstellen?

[Christiane]

Ja, wir waren ja tatsächlich am Anfang erst diese vier Familien. Nachher kamen noch mal zwei Familien dazu. Und ja, wir haben dann in dieser Planungsphase irgendwann festgestellt, dass wir ja ein sehr großes Haus haben.

Das Haus wurde auch so groß wie das Grundstück, was wir gefunden haben. Also wir haben uns gar nicht von Anfang an so ein großes Haus gewünscht, sondern das wurde einfach so groß, weil man so ein Grundstück maximal bebaut und haben dann auf einer Informationsveranstaltung Werbung gemacht und da haben wir uns über Bewerbungen gefreut von Familien, von Menschen mit Behinderung, aber auch von vielen anderen, die sich dafür interessiert haben. Und da gab es verschiedene Gremien, in deren wir das ausgesucht haben, wer dann dort schlussendlich wohnen kann und wer nicht.

Aber wir haben alle Personen, die in das Haus eingezogen sind, hat der Verein selber ausgesucht. Das hat nicht der Vermieter und Besitzer des Hauses gemacht, da kommen wir auch gleich noch zu, sondern dieses, wir nennen das Belegungsrecht, das liegt also komplett beim Verein. Wir dürfen aussuchen, wer da miteinander wohnt.

Heute ist das tatsächlich auch ein bisschen anders. Also wenn jetzt ein Student auszieht aus der WG, dann sucht die WG selber den nächsten Studenten, der da einzieht oder auch wenn ein Mensch mit Behinderung auszieht, also dann obliegt das natürlich den Personen, die da jetzt leben. Im Startbereich hat da niemand gewohnt, dann hat es der Verein übernommen.

Das hat in den Jahren jetzt passiert.

[Kati]

Ja, das habe ich in der Folge 5 gelernt, wo ich mit Lars aus Bremen gesprochen habe, dass die Gruppe und die Menschen einfach das zentralste Thema sind beim inklusiven Wohnen. Weil wenn man eine Gruppe hat, die in sich nicht stimmig zusammenleben kann, dann ist alles nichts. Und Christiane, habt ihr selber von Anfang an gewusst, dass ihr selber bauen wollt oder habt ihr erst mal ganz klassisch euch auf die Suche begeben nach irgendeinem Wohnraum, weil wir wissen ja, du hast ja gerade schon angesprochen, in Köln ist eh Wohnungsmangel und wenn man sich mal die Zahlen anschaut, es sind nur zwei Prozent des deutschen Wohnraums barrierefrei.

Und wenn man jetzt Menschen mit einer Behinderung hat, die vielleicht auch eine schwerere Behinderung haben, dann ist man ja ganz schnell noch eingeschränkter. Wann war euch klar, dass ihr selber bauen müsst?

[Christiane]

Ja, das ist eine interessante Frage. Tatsächlich hätten wir beinahe selbst gebaut und wir hätten ein Stück in Aussicht gestellt, wo wir mit einer Genossenschaft selbst hätten dieses Projekt realisieren und auch bauen können. Das hat uns unglaubliche Bauchschmerzen gemacht, sowohl was diese riesige Finanzierung anbelangt, als auch die Frage, wer wohnt denn dann mit wem zusammen, wenn irgendwie alle so viel Geld mitbringen müssen.

Ja, wir hatten dann das ganz große Glück, dass sich die GAG Immobilien AG, das ist ein im weitesten Sinne Tochterunternehmen der Stadt Köln, dazu entschieden hat, das Haus zu bauen. Die haben in Kooperation mit uns, die haben dann das Grundstück gekauft, die haben das Haus gebaut, sich mit uns sehr gut verständigt darüber, wie diese innenarchitektonische Planung sein soll. Und denen gehört das Haus natürlich jetzt auch.

Also wir sagen immer, es ist unser Haus, aber nur virtuell gehören tut es dem Investor, der das realisiert hat.

[Kati]

Okay, und ihr habt dann auch gemeinsam dieses Projekt quasi entwickelt oder war das dann hauptsächlich auf Seiten vom Investor oder von anderen Leuten? Ja, diese Kooperation war so ein bisschen vielschichtig.

[Christiane]

Also wir haben mit der GAG hauptsächlich die Entwicklung des Gebäudes vorangetrieben. Also wir hatten einen Architekten selber schon beauftragt mit so einer Basisplanung. Den haben die dann übernommen und nach unseren Ideen auch die Innenraumplanung aufgestellt.

Wir hatten dann die Möglichkeit, dort einzuwirken. Da musste irgendwie was gestrichen werden. Dann konnten wir mitentscheiden, was gestrichen wird, weil das dann zu teuer wurde plötzlich.

Ja, wir hatten vielfältige Möglichkeiten, zum Beispiel auch Materialien mit auszusuchen, Böden, Größen von Zimmern mit zu entscheiden. Ja, alles, was dort sozusagen, wir sagen immer Software dazu, also was im Haus an Leben stattfindet, wer dort lebt, wie man miteinander lebt, auch wie die Begleitung und die Betreuung der Menschen ist, das hat alles der Verein initiiert. Da war die GAG nicht dran beteiligt.

[Kati]

Okay. Und wenn man sich das Ganze mal rechtlich anschaut, wie seid ihr da aufgebaut? Also euer Verein ist dann der Mieter quasi, oder?

[Christiane]

Auch das sind wir nicht. Achso. Ja, der Verein, es gibt ja heute, ist ja rechtlich festgelegt über das Bundesteilhabegesetz, dass Betreuung und Vermietung voneinander getrennt werden sollten.

Und deshalb haben viele den Wohnraum, die dort angemietet. Und die beiden Wohngemeinschaften sind sogenannte GBRs und die haben jeweils einen Mietvertrag mit der GAG. Und die Menschen, die dort in dieser GBR leben, die treten in diese GBR ein.

Das ist ein sehr spezielles System, was die GAG aber schon sehr lange kennt und mit dem sie sehr gute Erfahrungen im Bereich der Demenz-WGs gemacht hat. Und die GAG hatte eben die Idee oder auch die Bitte, dass wir uns diesem System anschließen und wir finden es auch sehr alltagstauglich, sind sehr zufrieden damit. Der Verein hat also nur, ich glaube, wir haben drei kleine Wohnungen im Erdgeschoss angemietet und untervermietet.

Und ansonsten haben wir mit der Vermietung dieses Hauses nichts zu tun. Wir begleiten die Bewohner in der Verwaltung, in der Mietverwaltung. Und unser Verein hat jetzt die Rolle des Betreuungsanbieters.

Also wir leisten die Unterstützungsleistung von der Assistenz, einfache Assistenz, fachliche Assistenz, Pflegeleistung. Ja, wir organisieren auch die Reinigung, die im Haus stattfindet, in den WGs. Also haben wir einen Rollenwechsel vom Projektentwickler hin zum Betreuungsanbieter in den letzten Jahren durchlaufen.

[Kati]

Und da kommen wir vielleicht zur Besonderheit bei eurem Wohnprojekt. Das ist nämlich, dass es ein komplexer Unterstützungsbedarf ist. Also wer jetzt nicht genau weiß, was das ist, komplexer Unterstützungsbedarf, bedeutet, dass da auch Menschen mit sehr schweren Behinderungen leben können.

Schwerstmehrfachbehinderte Menschen, die wirklich viel Unterstützung im Alltag brauchen. Wie viele Menschen mit einem komplexen Unterstützungsbedarf wohnen denn in dem Haus oder in den WGs?

[Christiane]

Wir haben eine komplexe Mehrfachbehinderung und wir wollten natürlich, dass insbesondere Sie auch die Möglichkeiten haben, nicht irgendwo weit entfernt in einem Heim zu leben, sondern bei uns in der Nähe in so einem tollen Projekt. Deshalb waren Sie so die, eine der wichtigen Zielgruppen, ja, der wichtigen Personen, für die dieses Projekt auch realisiert wurde. Und wir haben zurzeit drei Personen mit komplexer Mehrfachbehinderung der dort lebt.

Und ja, ich dachte irgendwie so zur Betreuung, wie das alles ist, würde ich jetzt eher an die Maxi weitergeben. Ich bin ja in der Rolle als Mutter und Geschäftsführerin habe ich gar nicht so viel zu tun mit dem Thema, wie nachher die Unterstützungsleistungen in den WGs ablaufen.

[Kati]

Genau, da kommen wir gleich noch dazu, wie die Assistenz da aufgestellt ist und so weiter. Aber mich interessiert erst noch, welche Rolle so die Zusammensetzung von Menschen in der WG, von Mitbewohnerinnen und Mitbewohnern spielt. Weil ich kann mir vorstellen, wenn jetzt zum Beispiel mehrere Menschen mit einer schweren Mehrfachbehinderung in einer WG wären, dass es dann halt vielleicht ein bisschen schwierig werden würde, dass da so ein, ich weiß nicht, wie kann das Zusammenleben da gelingen?

Wie ist die Zusammensetzung und wie wirkt sich das dann auch aus auf das Zusammenleben?

[Maxi]

Ich glaube, da kann ich ganz gut was zu sagen, weil ich ja dort gar nicht so viel darüber Genau, also die Zusammensetzung funktioniert sehr gut, wenn es eine gemischte Gruppe ist. Also da sollten natürlich auch Menschen dabei sein, die verbal sich äußern können. Ich glaube, wenn man jetzt eine reine Gruppe mit schwerstmehrfach beeinträchtigten Personen hätte oder mit komplexer Mehrfachbehinderung, dann wäre das schwierig für Studierende da irgendwie reinzukommen, sich reinzufinden.

Wir haben ja wenige Studierende, die aus dem Bereich kommen oder generell aus der Pflege kommen, die ja dann auch irgendwie natürlich eine gewisse Rückmeldung brauchen und auch sich ein Miteinander wünschen, was dann natürlich irgendwie schwierig wäre, wenn gar keine Person da wäre, die irgendwie kommunizieren könnte. Und so haben wir einfach eine sehr gute Mischung, die ja Ausweich und Zeit und auch Fachkräfte, gerade die Personen mit komplexer Mehrfachbeeinträchtigung lernen da auch viel von, glaube ich. Also wir haben immer wieder die Rückmeldung von den Studierenden, dass sie durch das Projekt sehr viel lernen und weiteres Leben mit auf den Weg nehmen.

Da ist es natürlich ja schon was sehr Besonderes, eine Person, die vielleicht nicht so kommuniziert, wie man es kennt, so tief kennenzulernen, dass man es trotzdem irgendwann verstehen kann, deuten kann und mit ihr in Interaktion treten kann. Und das ist natürlich sehr wichtig.

[Kati]

Ja, ich glaube auch. Und also die Studierenden, wie schnell kommen die denn da rein? Also ist das eine Situation, wo manche ein paar Wochen brauchen, um da irgendwie aufzugehen, in der WG anzukommen?

Oder ist es einfacher, weil das ja größere Gruppen sind und weil man sich das quasi abgucken kann bei anderen Leuten, wie so ein Zusammenleben funktionieren kann? Es ist natürlich sehr unterschiedlich.

[Maxi]

Also es kommt immer auch auf die Person an, die einzieht, wie offen oder schüchtern die Person auch selber ist, wie schnell sie ankommt, auch wie da die Konstellation unter den Studierenden gerade ist. Da spielen viele Faktoren eine Rolle. Aber ich würde schon sagen, dass sie sich immer relativ schnell einfinden, weil wir natürlich auch Bewohner haben, die sehr offen sind und direkt auf den Kontakt suchen.

Das sind dann meistens die Bewohner, über die die erste Kontaktquote haben, die dann recht schnell gehen und über den Laufe der Zeit dann natürlich auch mit komplexer Beeinträchtigung. Das dauert halt einfach ein bisschen länger, weil man natürlich die Person auch gut kennen muss, ihre Angehörigkeit zu erkennen.

[Kati]

Ja. Gibt es dafür schon pädagogische Konzepte oder seid ihr da Vorreiter, sage ich mal, und habt euch selbst Konzepte erarbeitet, wie das alles gelingen kann? Ich glaube, da sind wir schon Vorreiter.

[Maxi]

Wir arbeiten, wir haben, glaube ich, viel mit Try-and-Error. Man muss wirklich da auch vieles ausprobieren. Man kommt auch immer mal wieder an Grenzen oder an Schwierigkeiten.

Ich würde aber sagen, da sind wir sehr, sehr schnell und sehr agil auch, dafür Lösungsansätze zu suchen. Wir gehen da auch immer mit allen in die Kommunikation, sodass auch irgendwie jeder eingebunden wird, bei Problemen oder Schwierigkeiten gut seine Meinung zu äußern, sodass wir dann im Endeffekt meist Lösungen finden, die für alle passen.

[Kati]

In vielen inklusiven WGs ist es ja so, dass da die Studierenden leben und auch gleichzeitig Assistenzleistungen geben und dafür zu stark verminderter Miete leben oder teilweise sogar mietfrei. Bei euch ist es aber so, dass ihr ja auch professionelle Assistenzleister wahrscheinlich habt. Wie deckt ihr die Assistenz ab?

Wie regelt ihr das?

[Maxi]

Die Studierenden haben feste Dienste, die sie ableisten. Die leben bei uns tatsächlich mietfrei, also ihre Miete ist quasi abgedeckt. Und genau, die haben einen Frühdienst pro Woche, der ist zwei Stunden lang, einen Spätdienst pro Woche, der hat bis von 16 Uhr bis 21 Uhr ein Wochenende pro Monat, was sie fest arbeiten.

Damit haben wir dann, was die Spätdienste angeht, alle fünf Wochentage sowohl am Morgen als auch am Nachmittag abgedeckt und eben auch alle Wochenenden, die pro Monat rumstehen. Und die arbeiten dann in so Notendiensten gemeinsam mit den Fachkräften. Die sind dann meistens zu, entweder eine Fachkraft ist immer anwesend in so einem Spätdienst oder auch am Wochenendienst.

Manchmal sind es zwei, manchmal kommt noch eine Assistenzkraft von extern dazu, die wir so als Minijobber zum Beispiel eingestellt haben oder genauso arbeiten die eigentlich immer an den Nachmittagen oder am Wochenendienst gefeiert.

[Kati]

Und du hast angefangen als so eine Fachkraft in der WG? Genau, ja, richtig. Und heute schaust du einfach insgesamt, dass du alle Fäden zusammenhältst und dass der Laden läuft oder was ist dein Job heute?

[Maxi]

Ja, mein Job heute ist sehr vielschichtig. Also es kommt auch tatsächlich in so ein Projekt, was ja tatsächlich seit 2017 erst da ist und was ja auch irgendwie auch relativ neu ist. Immer mal wieder neue Aufgaben dazu, die dann mit in meinen Aufgabenbereich fallen, also auch da sind wir sehr agil.

Ich mache aber auch hauptsächlich aktuell das BeWo-Management und bin zuständig für Projekte, die wir aktuell begrüßen, mache auch mit bei konzeptioneller Arbeit, zum Beispiel vor einiger Zeit das Gewaltschutzkonzept gestehen und mit einem Haus erarbeitet. Dann mache ich auch Einstellungen, also Bewerbungsgespräche und dass eben Bewerber ankommende DWGs ordentlich justifizieren, eingearbeitet werden. Ich kümmere mich auch mit BWOs ein bisschen, dass ich da so ein bisschen Schnittstelle zum Büro bin.

Also im Großen und Ganzen kann man sagen, dass ich so eine Schnittstelle auch bin zwischen dem ganzen Haus, also den WGs, den BWOs und da halt auch über alle Schulen natürlich mitgearbeitet habe. Und auch wenn man auch teilweise nicht arbeitet, also bei geringen Stunden werde ich auch immer mal wieder an der WG eingesetzt und bei Engpässen auch mal angefragt und mich mal einspringen kann.

[Kati]

Das ist ja auch voll der Vorteil, wenn du in der WG schon eingestiegen bist damals und dort gearbeitet hast, oder? Wenn du die Abläufe halt durchführst, kannst du auch die Abläufe durchführen. Total.

[Maxi]

Ich kenne die Abläufe und ich kenne auch die Schwierigkeiten, die im Alltag ja immer mal wieder entstehen und vor denen ja auch gerade die Fachkräfte oder auch die Studierenden immer wieder stehen. Und das ist, glaube ich, auch immer sehr wertvoll, gerade dann, wenn wir irgendwie Gespräche im Büro oder mit der Geschäftsführung, mit der Christiana gemeinsam haben. Wir haben so eine Abjägegründung, die sich so ein bisschen mit der Zukunftsplanung des Vereins beschäftigt, dass ich da halt immer auch diese Sichtweise aus der Praxis nicht aufhabe.

[Kati]

Und bist du damals direkt bei Einzug schon als Fachkraft in den WGs gewesen oder bist du irgendwann später dazugekommen? Ich bin später dazugekommen, genau. Also 2017 war der Einzug und ich bin Ende 2018 dazugekommen.

Wie bist du darauf aufmerksam geworden? Hast du einfach schon gewusst, dass das Projekt existiert oder wie hast du das herausgefunden? Nee, tatsächlich ganz klassisch über Edith.

[Maxi]

Nach meiner Ausbildung habe ich so ein bisschen rumgejobbt, weil ich dann auch noch viel reisen war und kam dann von einer großen Reise und habe mir dann erstmal übergangsmässig irgendetwas gesucht, bin dann in einem 24-Stunden-Assistenzdienstleister erst mal gelandet. Das war irgendwie so gar nichts für mich und habe mich dann relativ ungeschaut. Was gibt es so?

Habe das bei Indeed gesehen, habe mir das durchgelesen und dachte, ach, das ist ja innovativ, das ist ja irgendwie was Besonderes, was Spannendes. Hatte ich Bock drauf, habe ich mich beworben und war kurze Zeit später eingeschneit.

[Kati]

Ja, cool. Christiane, du unterstützt ja Menschen bei der Gründung ihrer inklusiven WG oder hast das zumindest lange getan in der Regionalstelle West. Welche Tipps würdest du jetzt heute hier anderen Leuten geben, die auch ein Projekt selbst gründen wollen?

[Christiane]

Ja, ich glaube, der wichtigste Tipp ist, dass man den Mut einfach aufbringen soll und sich einfach mal dran machen und zu sagen, ich möchte was realisieren, vielleicht für mein Kind und zu wissen, dass man damit nachher etwas ganz Besonderes schafft. Also nicht zu denken, was kann alles passieren, schaffe ich das, oh Gott, und wie viel Zeit braucht das, sondern einfach mal machen, einfach mal starten. Man muss nicht heute schon wissen, wie es morgen wird, ja, auf den Weg machen.

Ich glaube, das ist ein sehr wichtiger Tipp. Und ein zweiter wichtiger Tipp ist natürlich, dass man sich Mitstreiter sucht, mit denen man Bock hat, was zusammen zu machen, man wird viel Zeit mit denen verbringen, dass man guckt, wie man gute Leute findet, mit denen man sowas zusammen realisieren kann. Ich finde es wichtig, sehr wichtig, dass man die Kinder, für die man das realisiert, wenn man es als Elterngruppe macht, frühzeitig mit einbezieht.

Ich habe manchmal Eltern vor mir sitzen, die planen schon zwei Jahre ein Projekt und die Kinder wissen noch gar nicht, dass sie ausziehen sollen, da muss ich mich dann immer so ein bisschen drüber wundern. Ja, ein weiterer Tipp ist, also wir haben ja diesen Rollenwechsel gemacht und sind Träger der Behindertenhilfe geworden. Ich weiß gar nicht, ob ich es vorher gesagt habe, ich bin ja heute Geschäftsführerin von Inklusiv Wohnen mit 20 Stunden in der Woche.

Das ist tatsächlich eine sehr große Herausforderung, die man dann annimmt. Also man soll sich sehr gut überleben. Welche Rolle möchte ich später haben?

Welche Rolle soll so ein Verein mal bekommen? Suche ich mir nicht besser einen guten Kooperationspartner? Wir haben ja mit der GAG einen tollen Kooperationspartner für den Bau.

Finde ich vielleicht einen guten Kooperationspartner auch für die Betreuung und Begleitung der jungen Menschen später im Alltag für Assistenz und Pflege? Also wir haben damals eben auch niemand gefunden. Heute ist es vielleicht leichter, weil viele größere Träger sich auf den Weg machen.

Und dann kann man natürlich auch vieles abgucken bei anderen. Also man muss auch das Rad nicht mehr neu erfinden. Ja, es gibt ganz viele Tipps, die ich geben kann.

[Kati]

Ja, ihr habt ja auch euer Konzept schon weitergegeben an eine andere WG und die hat das ja inzwischen auch schon umgesetzt.

[Christiane]

Ja, es gibt Inklusiv Wohnen in Aachen mittlerweile. Das ist nicht nur eine WG, das sind auch zwei WGs, die haben auch ein ähnliches Haus. Und es entstehen weitere größere Wohnprojekte auch nach dem Vorbild von Inklusiv Wohnen.

Ich freue mich da total drüber, auch dass die Aachener sich diesem Namen angeschlossen haben. Wir haben jetzt auch gerade noch eine weitere Anfrage für Inklusiv Wohnen mit der entsprechenden Stadt. Also ja, das ist natürlich ganz toll, wenn wir andere dabei begleiten können, auch sowas zu realisieren.

Nicht nur Elterngruppen, sondern sehr gerne auch Träger der Behindertenhilfe oder auch Mitarbeitende, die das jetzt hören. Oder auch Menschen mit Behinderung, die das hören und sagen, boah toll, sowas hätte ich auch gerne mal. Ja, wir freuen uns darüber.

Inklusiv Wohnen macht aber diese ganze Begleitung nicht mehr und auch nicht die Beratung. Sondern wir haben das ja jetzt in Kooperation mit Wohnen sind sozusagen ausgegliedert. Weshalb diese ganzen Anfragen bitte nicht an Inklusiv Wohnen gehen, sondern alle an Wohnen sind.

Wir haben keine Arbeitszeit bei Inklusiv Wohnen dafür.

[Kati]

Genau, also alle, die gerade zuhören, wenn ihr da Fragen habt, dann meldet euch gerne bei Wohnen sind in unserem Kontaktformular. Dann wird das an die richtigen Stellen weitergeleitet und genau, ihr bekommt die Beratung, die ihr wollt.

[Christiane]

Und wir können alle noch einladen zum Tag der offenen Tür. Einmal im Jahr öffnet unser Verein seine Türen. Und dann können alle Interessierten kommen und sich das Haus angucken.

Dann kann man sprechen mit Menschen, die dort leben und arbeiten, bekommt ganz viele Informationen. Wohnen sind ist auch mit im Stand da. Und der nächste Tag der offene Tür ist am Samstag, den 28.

September, ja jetzt 2024. Und findet einmal im Jahr, meistens Ende Oktober, Anfang Ende September, Anfang Oktober statt. Und den Termin gibt es immer auf der Webseite von Inklusiv Wohnen.

Aber ich glaube auch auf der Webseite von Wohnen sind ist er zu finden.

[Kati]

Natürlich, den finden wir auch unter unseren Terminen. Und ihr braucht auf jeden Fall eine Anmeldung, weil ich kann mir vorstellen, dass ihr da ganz schöne Menschenmassen durch das Haus schleusen müsst jedes Jahr, oder?

[Christiane]

Ja, wir haben immer so maximal 100 Besucherinnen und Besucher. Wir haben das aber mittlerweile sehr gut organisiert und machen geführte Führungen durch das Haus. Gibt auch viel Informationen dazu, gibt Kaffee und Kuchen, gibt die Möglichkeit sich auszutauschen.

Also das Haus ist groß, das verteilt sich. Keine Scheu, aber es sind eben auch maximal 100 Anmeldungen, die wir annehmen.

[Kati]

Ist ja vielleicht auch eine gute Möglichkeit, andere Leute kennenzulernen, die gerade selbst sich auf den Weg machen und noch andere Mitbegeisterte suchen, oder?

[Christiane]

Ja, ich denke, man kann auf jeden Fall vielleicht jemand kennenlernen. Wir bieten das auch an in Form von einem Stammtisch sonst. Also man kann auch sich anmelden für ein Vernetzungstreffen auf Listen, was dann im Nachgang stattfindet.

Wir bieten auch ein ganz tolles Projekt, was übrigens auch die Maxi Mommer leitet, ist unsere Wohnschule. Wir bieten jungen Menschen mit Behinderung an, sich auf das Thema Wohnen vorzubereiten, sich mit dem Thema inklusive Wohnformen zu beschäftigen. Und auch dazu kann man sich anmelden beim Tag der offenen Tür oder auch insgesamt per E-Mail bei uns.

Das ist von der Aktion Mensch gefördert.

[Kati]

Ja, wenn wir schon davon sprechen, Maxi, was passiert denn so in der Wohnschule? Was kann man sich darunter vorstellen?

[Maxi]

Ja, wir haben uns mal ein bisschen Gedanken gemacht und irgendwie ist es aufgefallen, das hatte Christiane ja auch schon eben ernährt, dass es häufig so ist, dass Menschen mit Beeinträchtigungen dann irgendwie irgendwann entscheiden, die Eltern in der Zwischenzeit auszuziehen. Dann machen sich die Eltern auf den Weg, suchen eine Wohnform. Dann darf das Kind in die Wohnform eilen, die das die Eltern ausgesucht haben.

Und irgendwie war die Beteiligung der Person selbst nicht immer so gegeben. Und das wollten wir gerne ändern. Und deswegen haben wir uns auf den Weg gewartet und eine Wohnschule mit der Aktion Mensch, die das fördert, etabliert.

Genau, da können sich Menschen anmelden, die sich sowohl für inklusives Wohnen, aber auch generell für das, was gibt es überhaupt für Möglichkeiten für Menschen mit Beeinträchtigungswohnen? Und da sprechen wir eben auch darüber, was gibt es für Möglichkeiten? Was sind die Vor- und die Nachteile der einzelnen Wohnformen?

Was habe ich persönlich für Hilfebedarf? Was für eine Wohnform könnte zu meinem Hilfsbedarf passen? Was habe ich für Wünsche?

Was habe ich für Vorstellungen in Bezug aufs Wohnen? Aber auch so Sachen teilweise finanziell, was bedeutet das für mich? Wer kann mir helfen in den Wohnformen?

Wer kann mir auch helfen, mit den verschiedenen Wohnformen, wer kann mir helfen, wenn ich mich mit dem Thema Auszug beschäftigen möchte, an wen kann ich mich wenden, wenn ich aus- oder umziehen möchte? Aber auch ganz lebenspraktische Dinge, was gehört zu einem Haushalt? Ja, zum Beispiel das Kochen, Einkauf, wo ich auch anschließend den Arbeitsplatz wieder aufräume.

Das sind auch so Sachen, die wir dann eben mal üben, wo man sich schon mal reinfühlen kann, wie mehr das in einem Haushalt ist.

[Kati]

Und kann ich mir das vorstellen, wie so ein Seminar, was einfach an mehreren Terminen stattfindet? Oder seid ihr da ein Wochenende lang in einer Ferienwohnung und übt einfach, wie das ist, alleine zu leben? Oder wie läuft das so ab?

[Maxi]

Wir haben Gruppen, die immer so über drei Monate laufen. Dann kommt eine neue Gruppe und innerhalb dieser drei Monate haben die zwei bis drei Termine im Monat. Das heißt, die haben insgesamt so sieben Termine.

Die sind jeweils drei Stunden, meistens in der Woche nachmittags, weil viele ja auch in Werkstätten gehen oder arbeiten oder zur Schule gehen. Und genau, die kommen dann. Und wir haben meistens den ersten Part eben ein theoretisches Thema, wo wir eben über etwas sprechen, wie zum Beispiel die verschiedenen Wohnformen.

Und dann im zweiten Teil, wo wir dann gemeinsam ein Essen vorbereiten, das gemeinsam kochen, gegebenenfalls auch dafür einkaufen gehen und Mittag machen und dann auch gemeinsam essen, aufräumen, abräumen.

[Kati]

Cool, kann ich mir auch ziemlich lustig vorstellen.

[Maxi]

Also ich, was heißt lustig? Ich habe vielleicht eine ganz schöne Erfahrung. Wir hatten jetzt die Gruppe, die es das letzte Mal hatte. Wir kriegen dann natürlich immer so Interessentenbögen, wo die sich dann anmelden, wo dann eben schon grob sowas abgefragt wird.

Welche Behinderung liegt denn vor und was kann ich gut, was kann ich nicht gut. Und anhand dieser Bögen stelle ich dann eben halt diese Gruppe zusammen. Und ich hatte dann, es hatten dann viele noch abgesagt und ich musste dann irgendwie die Gruppe dann nochmal umstellen.

Und ich hatte nachher eine Gruppe mit irgendwie vier Menschen mit Autismus Spektrumsstörung, wo ich eben nicht, ich hatte irgendwie so ein bisschen Bedenken, dass das, dass das schwierig werden könnte, weil ich eben gerade diese Menschengruppe kann man schwer mit einem Papier, das man sich vorher betrachtet mit Interessentenbögen einschätzen. Werden die sich untereinander verstehen? Wie können wir damit die Themen alle erreichen?

Und ich muss sagen, es war total schön, weil diese vier Personen irgendwie jetzt Freundinnen geworden sind. Die haben am Ende alle Nummern ausgetauscht, die wollten sich verabreden und gemeinsam an Freizeit beteiligen und in den Urlaub fahren, weil sie irgendwie bisher bei Wohnungsfahrten so schlechte Erfahrungen gemacht haben und irgendwie nie so den Anschluss gefunden haben und wollten sich jetzt verabreden zu viert dann mal. Ich fand es ganz schön, weil ich irgendwie so ein bisschen Bedenken hatte.

Vielleicht kann man sogar auch sagen, dass es ja auch Vorurteile waren gegenüber Menschen mit Autismus, wo ich dachte, ach, wer weiß, nachher auch die Schwierigkeiten untereinander. Aber es war total schön.

[Kati]

Das ist ja cool. Christiane, was war denn dein schönstes Erlebnis in Zusammenhang mit der WG? Oder du kannst auch mehrere erzählen, man muss es nicht so absolut sehen.

[Christiane]

Ja, ich glaube, mein erstes und allertollstes Erlebnis war im Prinzip der Tag, nachdem meine Tochter dort eingezogen ist. Sie ist ja in die WG eingezogen und das war alles wahnsinnig aufregend. Und ich bin ja auch noch Geschäftsführerin und diese ganze Organisation.

Und ich bin dann nach Hause gefahren und am nächsten Tag bin ich ins Haus gefahren mit dem Fahrrad. Eine Viertelstunde, das sind zehn Minuten zu meiner Tochter und bin in dieses Haus gefahren. Und ich war so von Glück überströmt, dass sie jetzt dort lebt, so bei mir um die Ecke und in so einer tollen WG.

Ich bin in diese WG reingekommen und habe sie da gesehen und habe irgendwie das alles richtig gemacht. Ganz viele Jahre hast du dich dafür eingesetzt, dass sie hier bei uns als Familie um die Ecke leben kann, dass sie nicht nur mit Schwerstmehrfachbehinderten in einer Pflege WG lebt, sondern dass sie mit jungen Menschen zusammenlebt, die eben vielleicht auch das Down-Syndrom haben, die studieren. Ja, großartig.

Also das ist für mich das allertollste Erlebnis. Und ich habe das noch ganz oft, wenn ich in die WG gehe. Also immer wieder, wenn ich in der WG bin, dann denke ich, wie toll, dass meine Tochter so leben darf.

Das ist wirklich sehr besonders. Und ich denke immer so, die hat das große Los des Lebens gezogen. Und wir als Familie finden das super.

Letztes Mal kam ich in die WG und dann hat die Studentin so einen Teig geknetet. Also wir haben eine, die gerne backt. Und irgendwas war auch schon im Ofen und das duftete ganz toll.

Und sie war da und hat eben diesen Teig gemacht. Und noch ein anderer Student war da und zwei Bewohner. Meine Tochter war im Stehständer und hat sich gefreut über den Duft, der da in dem Wohnzimmer war.

Ja, das ist eben was ganz Besonderes, wenn jemand so leben kann, der so eine schwere Behinderung hat, die ja ansonsten tatsächlich in Heimen oder heißt ja heute besondere Wohnform leben, in entsprechenden schwerstbehinderten Gruppen. Und das muss eben nicht sein. Das kann eben auch anders sein.

[Kati]

Ja, das berührt mich gerade so, dass ich den Anschluss zu meiner nächsten Frage vergessen habe. Nein, aber ich finde das wirklich total cool. Und deswegen arbeite ich auch so gerne bei Wohnsinn, weil wir uns eben gemeinsam dafür einsetzen, dass Menschen, egal mit welcher Behinderung, so leben können, wie es einfach cool für sie ist.

Und zwar nicht irgendwie exkludiert in so einer Art Ghetto, wo sonst halt nie jemand hingeht, sondern einfach mitten in der Gesellschaft. Ich glaube, das ist ein großer Gewinn für alle, die dort leben und auch die Nachbarschaft.

[Christiane]

Ja, und vielleicht kann man auch noch erwähnen, dass es auch ein großer Gewinn ist für das Team, also für die Mitarbeitenden. Wir gehören tatsächlich zu den Arbeitgebern, die keine großen Personalprobleme haben. Ich spreche jetzt einfach für das Team.

Maxi kann ja sonst gleich auch noch was dazu sagen. Aber ich denke, dass die Art und Weise, wie unser Verein, die Haltung unseres Vereins und die Arbeitsbedingungen in dieser WG, das Miteinander, das hat auch viel Einfluss auf die Menschen, die dort arbeiten, die gerne bei uns sind, die lange bleiben, die eben mit viel Energie auch dort reinkommen und die ganz viel dazu beitragen, dass es auch so toll ist. Also das sind beileibe nicht nur die Studierenden und das Konzept, sondern sehr, sehr viel macht eben auch der Spirit des Teams aus.

Und den bringen die mit und mit unheimlich viel Begeisterung. Wir haben auch ein sehr festes Team mittlerweile. Ja, das wollte ich einfach an der Stelle nochmal sagen.

Auch ein großes Lob und ein großes Dankeschön an alle von Inklusiv Wohnen, die das hören.

[Kati]

Maxi, wie geht es dir damit? Okay, das ist jetzt eine blöde Frage. Arbeitest du gerne bei Inklusiv Wohnen?

Ich sehe dich schon längst nicht mehr da.

[Maxi]

Ja, ich kann vielleicht schon mal sowas aus meiner Sicht, dem was Christiane gerade gesagt hat, darüber was dazu sagen, was meine Sicht als Heilerziehungspflegerin ist. Also ich muss sagen, in meiner Ausbildung war das schon so, dass unsere Lehrer auch sehr immer darauf geachtet haben, dass sie vermitteln, dass eben die Menschen, die wir auch betreuen, schon selbstbestimmt sind und dass man diese Selbstbestimmung achtet und wahrt und unterstützt eben auch. Und da muss ich sagen, kommt man in Arbeitsleben an und merkt doch, es ist nicht immer so.

Also ich habe eben, bevor ich bei Inklusiv Wohnen war, tatsächlich viele Bereiche abgeklappert, ob es jetzt Werkstatt ist oder ein ganz klassisches Wohnheim, so eine besondere Wohnform und auch eben so 24-Stunden-Assistenz, wo ich dann eben doch gemerkt habe, in diesen Strukturen ist es dann doch manchmal schwierig, die Menschen selbstbestimmt, zumindest zu 100 Prozent selbstbestimmt leben zu lassen oder ja, es ist nicht so agil und es ist nicht so, man kann nicht so individuell reagieren und ich glaube, das ist auch das, was unsere Mitarbeiter ja so schön finden bei Inklusiv Wohnen, dass es da eben schon möglich ist, dass wir sehr individuell auf die Bewohner eingehen, dass wir die Selbstbestimmung wahren können, dass unsere Bewohner auch bei allen Themen einbezogen werden, eben auch konzeptionelle Themen oder ja, Themen, die jetzt sonst meistens eher von oben bestimmt werden.

[Kati]

Mhm. Ja, es ist super wichtig, dass man irgendwie die gleiche Vision teilt und an der auch wirklich kontinuierlich immer wieder arbeitet, glaube ich. Ja.

Ja. Christiane, die Gründung hat ja, ich glaube, vier Jahre, wenn ich richtig mitgerechnet habe, habt ihr vier Jahre gebraucht dafür. Gibt es irgendwas, was du beim nächsten Mal anders machen würdest?

[Christiane]

Ja, also von der ersten Idee bis zum Bezug des Hauses waren es nur vier Jahre. Das ist tatsächlich eine super kurze Zeit. Kommt einem, wenn man es hört, erst mal lang vor, aber die vergehen wie im Flug, wenn dann auch noch so ein ganzes Haus gebaut wird.

Ich glaube, wir haben schon Versäumnisse gemacht im Thema Umgang mit Konflikten miteinander. Also ich halte es für sinnvoll, sich da frühzeitig eine Gruppenmoderation, Supervision zu holen, weil man wird einen ganz langen Weg zusammengehen. Sehr viele Menschen stecken sehr viel ehrenamtliche Zeit da rein und es ist wichtig, dass es nicht für alle zum Stress ausartet.

Und da ist es gut, wenn man eine externe Begleitung hat, um genau das zu verhindern, dass man nachher, sagen wir, die Ideen und Meinungen sehr stark auseinandergehen und man keinen Weg mehr zusammenfindet oder dass Erwartungen gestellt werden an Personen, die die nicht erfüllen können, weil sie noch irgendwo einen Vollzeitjob haben. Also ich glaube, das würde ich beim nächsten Mal anders machen und gebe ich auch noch als weiteren Tipp mit an Initiativen, die sich auf den Weg machen, dass man sich fachlich begleiten lässt.

[Kati]

Vielleicht noch eine letzte Abschlussfrage an euch beide. Was wünscht ihr euch für die Zukunft von Inklusiv Wohnen Köln, für insgesamt inklusives Wohnen? Was würdet ihr euch da wünschen?

[Maxi]

Also ich wünsche mir auf jeden Fall sehr, dass das weiter wächst, weil wir eben, also ich merke es ja gerade im Büro, es landen meistens bei mir ja super, super, super viele Anfragen von Menschen mit Beeinträchtigungen, die auch gerne so wohnen möchten. Wir haben nun mal immer im Moment dieses Haus. Wir können nicht viel mehr anbieten, würden es gerne.

Ja, es scheitert halt auch tatsächlich ein Wohnraum, der irgendwie fehlt. Aber ich würde mir wünschen, dass Inklusiv Wohnen auf jeden Fall weiter wächst und dass vielleicht auch weitere Wohnformen entstehen. Also zum einen, dass unser Verein wächst und aber auch zum anderen, dass weitere Vereine entstehen, sodass es viel, viel mehr Möglichkeiten für Beeinträchtigungen gibt, so zu leben.

[Christiane]

Ja, ich kann mich dem im Prinzip anschließen. Ich wünsche mir auch, dass Inklusives Wohnen wächst und stärker wird noch und auch noch mehr Menschen die Möglichkeit geben kann, individuell zu leben, so wie sie sich das vorstellen. Ich wünsche mir aber auch, dass es neue Wohnformen gibt, in denen Menschen mit schweren Beeinträchtigungen mitgedacht werden.

Gerade in Nordrhein-Westfalen haben wir die leidliche Erfahrung in der Schule gemacht. Inklusion bedeutet in der Schule, dass es zwar Menschen gibt, die in der Schule mitgedacht werden, aber eben auch viele, für die es zu schwierig erscheint und die dann in Förderschulen als Restgruppe übrig bleiben. Und ich wünsche mir eine Inklusion ohne Restgruppe und denke, dass wir das auch schaffen können in Deutschland.

Aber dafür müssen irgendwie alle an einem Strang ziehen und sowohl die Politik als auch die Geldgeber, als die Träger und auch Initiativen. Man muss sich das zutrauen, man muss den Mut fassen, offen sein dafür und sagen, ja, das gibt es vielleicht noch nicht überall, aber das geht und das machen wir jetzt. Und wir lassen nicht einen Teil der Personen einfach außen vor.

Das würde ich mir am meisten wünschen. Eine echte Inklusion für alle.

[Kati]

Das ist ein schöner Wunsch. Und ich glaube, dadurch, alleine dadurch, dass es dieses Wohnprojekt gibt bei euch, schafft ihr ja schon mal die Basis dafür, weil Sichtbarkeit ist einfach super wichtig. Damit steht und fällt, glaube ich, vieles, sodass in Zukunft vielleicht auch Leute, die damit bisher nichts zu tun hatten, von selbst vielleicht mal auf die Idee kommen, alle Menschen mitzudenken.

Genau. Ja, dann kommen wir auch schon zum Ende von unserem Gespräch. Ich möchte mich ganz, ganz herzlich bei euch beiden bedanken, dass ihr euch die Zeit genommen habt, dass ihr uns durch das Wohnprojekt geführt habt und die Einblicke, die ihr uns, den Zuschauern und mir gegeben habt, zu hören.

Es schaut ja gar keiner. Und genau. Vielen Dank.

[Christiane]

Danke auch. Ja, danke dir auch und auch dir, liebe Maxi.

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